Fraeuleinchen im Gespräch mit Filmemacher und Kochbuchautor Ofir Raul Graizer

WERBUNG | Dass wir große Freunde der israelischen Küche sind, dürfte mittlerweile kein Geheimnis mehr sein. Umso größer ist die Freude, als uns vor einigen Wochen angeboten wird, bei Goldhahn und Sampson den Kochkurs „Zuhause in Jerusalem“ unter der Leitung von Ofir Raul Graizer zu besuchen. Ofir ist israelischer Filmemacher, der sich sein Studium, wie so viele Studenten, über Gastrojobs finanziert und dadurch eine große Leidenschaft für die Kulinarik aufgebaut hat. 2010 zog er nach Berlin und arbeitet seither für seine Filmprojekte in Israel und Berlin. Obwohl er in Ra’anana, einem kleinen Ort in der Nähe von Tel Aviv aufgewachsen ist, ist seine Küche geprägt von der Kulinarik Jerusalems. Diese spiegelt laut Ofir den Melting Pot verschiedener Kulturen wider, den Jerusalem als Hauptstadt der drei Weltreligionen darstellt. Die Gerichte seien viel konzentrierter in ihrer Geschmackstiefe und Würze. Im Kochkurs, an dem insgesamt 12 Personen teilnehmen, lernen wir wie grüne Tahina (Sesampaste), arabisches Pitabrot, ein Auflauf aus Mais und Kashkaval, marokkanischer Karottensalat, Frekkeh mit Kirschtomaten, Bananenkuchen und natürlich Shakshuka und Blumenkohl aus dem Ofen zubereitet werden.

Während Shakshuka und Blumenkohl bei uns recht häufig auf den Tisch kommen, haben wir noch nie selber Pitabrot gebacken und auch der Maisauflauf ist uns neu, sodass wir unseren kulinarischen Horizont durch den Kurs erweitern können. Für Ofir bedeutet Filme machen, Geschichten zu erzählen und das kann er in der Tat sehr gut, was den Kochkurs sehr angenehm unterhaltsam macht. Den Höhepunkt bildet aber natürlich das gemeinsame Dinner, das am Ende folgt und alle Teilnehmer nochmal an der großen Tafel versammelt.

Wir haben uns einige Tage nach dem Kurs erneut mit Ofir für ein Interview getroffen, um noch mehr über seine Arbeit und seine Sicht auf die Gastroszenen in Israel und Berlin zu erfahren und über sein Kochbuch Ofirs Küche zu sprechen, das diese Woche im Insel Verlag erschienen ist.

Du bist von Beruf Filmemacher. Wie bist du dazu gekommen, Kochkurse zu geben und ein Kochbuch zu schreiben?

Als ich nach Berlin gekommen bin, habe ich viel in der Gastronomie gearbeitet, um mir meinen Unterhalt zu verdienen. Allerdings habe ich sehr schnell festgestellt, dass es oft gar nicht ums Kochen geht. Es wird eher produziert. Es muss schnell gehen, günstig sein und in großen Mengen hergestellt werden. Es werden keine besonders guten Zutaten verwendet und sehr wenig auf Qualität geachtet, was mich nicht besonders glücklich gemacht hat. Vor sechs Jahren habe ich angefangen, diese Kochkurse zu geben und da war es anders. Ich hatte die Möglichkeit, mich mitzuteilen und Geschichten zu erzählen und meine Art des Kochens und meine Leidenschaft weiterzugeben. Der Film ist aber nach wie vor mein Hauptberuf.

Es läuft derzeit auch ein Film von dir in den Kinos, the Cakemaker. Worum geht es in dem Film?

Es geht um Thomas, einen Kuchenbäcker in Berlin, und Oren, einen Geschäftsmann aus Israel. Oren lebt mit seiner Frau und seinem Kind in Israel. Jedesmal wenn Oren für seinen Job nach Berlin kommt, geht er als allererstes in den Kuchenladen von Thomas und isst einen Kuchen. So kommen Thomas und Oren zusammen und verlieben sich ineinander und starten eine Affäre. Oren führt demnach ein Doppelleben zwischen Berlin und Jerusalem bis er bei einem Autounfall ums Leben kommt. Nach dem Tod von Oren spürt Thomas die verwitwete Frau von Oren in Jerusalem auf und fängt unter einer anderen Identität an, in ihrem Café zu arbeiten und lernt somit die dortige Kultur und Familie von Oren kennen. So entwickelt sich die Geschichte rund um die Kultur, Kulinarik und Politik.

Ist das eine persönliche Geschichte?

Es ist nicht meine eigene Geschichte, aber die eines verstorbenen Bekannten, der ein Doppelleben in dieser Art geführt hatte und die seiner Frau, die nach seinem Tod nun um einen Menschen trauern musste, der sie über eine lange Zeit betrogen und belogen hatte.

Wie wird das Thema von Homosexualität in Israel behandelt? Ist es tatsächlich noch ein Tabuthema?

Grundsätzlich ist Homosexualität in Israel nicht verboten, aber gesellschaftlich kommt es stark drauf an, wo du dich aufhältst. Tel Aviv ist sehr offen was das Thema betrifft. In Jerusalem sieht es dagegen schon anders aus. Aber auch in Jerusalem gibt es Kieze, die sehr liberal sind.

Wo siehst du kulinarisch die Unterschiede zwischen Tel Aviv und Jerusalem?

Jerusalem ist bekannt für sein Streetfood. Du kannst sehr gutes Essen auch günstig bekommen. Tel Aviv ist dagegen sehr viel schicker. Es geht dort sehr viel mehr um die Darstellung. In Jerusalem geht es mehr um die Produkte, würde ich sagen. Außerdem ist Jerusalem sehr viel stärker von anderen Kulturen geprägt, besonders von der palästinensischen, da die Stadt im Grunde auch durch das palästinensische Gebiet verläuft.

Was hat dich nach Berlin gezogen?

Ich bin 2009 das erste Mal über ein Studienprogramm nach Berlin gekommen. Das Wetter war super, das Bier war noch günstig, die Atmosphäre war toll und ich habe mich sehr wohl gefühlt. Nach dem Programm bin ich nochmal zurück nach Israel um meinen Abschluss zu machen. 2010 bin ich dann über ein Filmprojekt zurück nach Berlin gekommen und geblieben. Ich liebe das Gefühl der Freiheit, das diese Stadt versprüht. Die Straßen sind breit, es gibt viel Platz, das Nahverkehrssystem ist sehr effektiv. Es ist sehr einfach, hier zu leben und jeder findet seinen Platz.

Derzeit eröffnen viele israelische Restaurants in Berlin. Woher glaubst du kommt diese Entwicklung?

Die israelische Küche beinhaltet viele Merkmale, die derzeit sehr hip sind, ohne diese als solches zu bezeichnen. Es gibt viele vegetarische und vegane Gerichte, es wird viel mit Hülsenfrüchten gekocht und es gibt viele rohe Gerichte. Dementsprechend passt israelische Küche sehr gut mit den allgemeinen Food Trends zusammen. Außerdem ist in Berlin in den letzten Jahren ein großes Interesse an internationalen Küchen erwachsen, somit auch das Interesse an der Nahost-Küche. Zusätzlich glaube ich, dass die Assoziationen, die mit Israel verbunden waren, wie das Thema Holocaust oder Krieg, sich etwas erweitert haben zu Strand und gutem Essen und viele daran interessiert sind, mehr über die israelische Kultur und auch ihre Kulinarik zu erfahren.

Du bringst in deinen Kochkursen sehr vielen Leuten das israelische Kochen bei. Wo hast du es selber gelernt, von deiner Mutter?

Nein, nicht von meiner Mutter, sondern mehr von meinen Freunden. Als ich in der Filmschule war, war ich sehr viel von Leuten aus unterschiedlichen Kulturen umgeben und wir haben sehr viel gemeinsam gekocht. Aus dieser Zeit habe ich wahrscheinlich das meiste meines Kochwissens gezogen. Das Kochen ist in Israel noch etwas Alltägliches.

Kochst du selber zu Hause meistens israelisch?

Ich koche auch sehr gerne italienisch. Gib mir Pasta, Cherrytomaten, Knoblauch und Zwiebeln und ich bin glücklich. Ich koche auch gerne indisch, aber das ist oft sehr aufwändig, weil man so viele verschiede Gewürze benötigt. Am meisten koche ich aber schon die Nah-Ost-Küche.

Welche Rezepte findet man in deinem neuen Kochbuch, Ofirs Küche?

Mein Kochbuch besteht nicht nur aus Rezepten, sondern auch aus Texten über meine Philosophie des Essens und Geschichten rund um die Rezepte. Man bekommt einen Einblick in die Geschichte und Kultur des Landes. Darüber hinaus natürlich auch klassische Rezepte, wie die Herstellung von Labneh oder Ofengemüse. Die Rezepte stammen von meiner Familie und meinen Freunden und sind erklärt für Leute, die vielleicht noch nie gekocht haben.

Vielen Dank für das Gespräch!

One Comment

  1. Pingback: Sonntagsgericht: Pilz-Graupen-Suppe von Ofir Raul Graizer

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.