„Unaufgeregt“ trifft es vielleicht am besten, wenn man versucht das Gefühl zu beschreiben, das man hat, wenn man die Türschwelle zur jüngsten kulinarischen Addition des neuen Berliner In-Viertels im Schillerkiez übertritt. Seit der Eröffnung der Palsta Weinbar im August 2018 haben bereits einige Berliner Food-Connaisseures lobend über das Projekt der beiden nordeuropäischen Gastronomen Filip Sondergaard (dänischer ehemaliger Sous Chef von Dóttir) und Viivi Haussila-Seppo (aus Finnland) geschrieben. In seinem Interview mit uns beschreibt Per von Berlin Food Stories die Neuköllner Weinbar sogar als „einzig wirklich gute Anlaufstelle für die Küche aus dem Norden [in Berlin]“.
Doch von dem Hype ist wenig zu spüren in dem gemütlichen Restaurant mit kleinen Eichentischen und grauen unverputzten Wänden, das eine handerlesene Selektion von Naturweinen, nordischen Tapas und Hauptgerichten aus seiner offenen Küche anbietet. Ganz im Gegenteil, als wir kurz nach Restaurantöffnung gegen 18 Uhr eintreffen, sind noch kaum andere Gäste vor Ort – was sich im Laufe des Abends als Ruhe vor dem Sturm herausstellt – und wir werden sehr freundlich von Antoine begrüßt, der uns bis zum Ende des Abends mit seinem sympathischen französischen Akzent und hilfreichen Empfehlungen zur Seite steht. Die Abendsonne scheint sanft auf unseren Tisch am Fenster und lässt von lauwarmen Sommerabenden in Schweden träumen.
Unaufgeregt bedeutet nicht unaufregend
Unaufgeregt wird im Duden definiert als „ruhig, gelassen, ohne Hektik“. Und das trifft die Stimmung im Palsta, was auf Finnisch Schrebergarten bedeutet, auf den Punkt. Selbst als sich das Restaurant mit grob geschätzt 36 Sitzplätzen ab 19 Uhr recht stark füllt – mitunter von einer größeren Geburtstagstruppe – stört das nicht die gemütliche Stimmung. Somit bietet sich das Palsta perfekt an für Feierlichkeiten in mittelgroßen Gruppen, wie für romantische Dates zu zweit oder auch lockere Dinnerabende unter Freunden.
Unaufgeregt bedeutet nicht unaufregend. Denn aufregend ist das Menü von Palsta allemal und unterstreicht mit seinen wundervollen Gerichten, wie Shrimps-Tatar an Dill-Buttermilch-Dressing oder Kräutersaibling auf Pastinakenpüree das frische nordische Ambiente. Wir wählen neben den Fischgerichten auch die andere von zwei Hauptspeisen, die sich auf der Karte befindet: Schweinebauch mit Apfel, Lauch und Kichererbsenpüree. Obwohl das Gericht weniger eine Assoziation von nordischer Küche hervorruft, ist es nicht weniger lecker und definitiv zu empfehlen.
Auch der Naturwein Chinuri, den uns Antoine zu unseren Gerichten empfiehlt, stammt nicht aus dem Norden, sondern aus Georgien. Doch durch seine super frische blumige Note passt er hervorragend zu unseren Fischgerichten und belebt unsere Schwedenträume.
Zum krönenden Abschluss teilen wir uns noch das eine Dessert, das die Karte bietet: Weiße-Schokoladenkuchen mit Lakritzeis und Walnusskrokant. Dieses wird wohl stets vom Chef Filip Sondergaard höchst persönlich serviert, was nicht der einzige Grund ist, weswegen man sich das Dessert nicht entgehen lassen sollte. Die Kombination der drei Komponenten ist sowohl von der Konsistenz als auch geschmacklich perfekt aufeinander abgestimmt und die leichte Lakritznote im Eis ist sehr besonders.
Wer bisher noch erfolglos auf der Suche nach guter nordischer Küche in Berlin war, sollte schnell die Palsta Weinbar aufsuchen, bevor es durch einen wohlverdienten Hype zu aufgeregt darin wird.
Palsta Weinbar
Oderstraße 52 | 12049 Berlin-Neukölln
Di – Sa | 18.00 – 23.30 Uhr
€€
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