
Su und ich haben uns heute mit Per Meurling von Berlin Food Stories getroffen, um mit ihm über die schwedische Küche zu sprechen. Wer Per ist, brauchen wir sicher gerade den Berliner Foodies wohl nicht mehr sagen. Denn irgendwie kommt man an Per und dessen Instagram-Account nicht vorbei, wenn man auf der Suche nach neuer Restaurantinspiration in Berlin ist. Auch haben wir Per schon mal interviewt zur Berlin Food Week.
Ein klassisches Interview ist es nicht geworden, dafür mehr ein Austauschen über das schwedische Leben und schwedische kulinarische Traditionen.
Von Schweden nach Deutschland und zurück
Obwohl sein Blog Berlin Food Stories heißt, ist Per eigentlich gar kein typischer Berliner. Geboren in Schweden auf der kleinen Insel Orust, westlich von Göteborg, ist er mit der Familie im Alter von gerade mal zwei Wochen nach Deutschland gekommen. Sein Vater arbeitete als Zahnarzt in Rheinland-Pfalz nahe dem Hunsrück-Gebirge. Weit weg von jeglicher schwedischer Küche mitten hinein ins kleinstädtische Deutschland. Erst mit 15 Jahren ist Per dann zurück nach Schweden gegangen. So lange gab es schwedische Klassiker nur gelegentlich in seinem deutschen Zuhause, wenn die Mutter die Heimatgerichte kochte, aber mehrheitlich dann im Sommer, den die Familie meistens auf Orust verbracht hat. Nach dem Studium dann irgendwann also Berlin und die Start-up-Szene, bevor er sich mit Berlin Food Stories Vollzeit auf die Suche nach den besten Restaurants und Imbissen Berlins machte. Nach Schweden zieht es ihn aber natürlich nach wie vor und so verbringt Per immer wieder die Sommer mit seiner eigenen Familie in seiner zweiten Heimat.

Sommer in Schweden
Der Sommer in Schweden, das kennt man von Bildern und Filmen, ist sehr grün, geprägt von viel frischem Fisch und Schalentieren. So war es bei Per genauso. Sommer in Schweden hieß für ihn als Kind ebenfalls: Hering, Krebse, Krabben und er sagt über die Landesküche „Schweden sei auf Hering und Kartoffeln hochgezogen“. Denke ich an Hering, denke ich nicht gerade an kulinarische Offenbarungen, aber für Per ist gebratener Hering eines der Kindheitsgerichte schlechthin. Schweden habe das Einlegen kultiviert. Ob Gemüse, Wurzeln oder eben auch Fisch. Der schwedische Klassiker: Surströmming – in Salzlake eingelegter Hering, der in den Konservendosen weiter gärt. Ein bestialischer Geruch soll es sein, noch habe ich mich nicht gewagt eine Dose Surströmming zu öffnen. Ob Per schon in den Genuss kam, habe ich ganz vergessen zu fragen. Fast ohne Pause erzählte er von seinen Eindrücken als Kind und dass eben auch die Sommermakrele unverwechselbar mit der schwedischen Kindheit verbunden sei. Dazu noch Krabbensandwich – auf schwedisch räksmörgas. Nordseekrabben habe es quasi jeden Tag gegeben.

Die schwedische ursprüngliche Küche ist wie die finnische sehr schlicht. Daher finden sich eben auch oft Fleisch, Kartoffeln, Wurzeln, Beeren und Fisch auf der Karte. Besonders groß im Sommer gefeiert wird das Midsommarfest im Juni. Noch präsenter ist aber das Kräftskiva. Auf Deutsch: Krebsfest oder gar Krebsgelage. Im August von Familien und Freunden zelebriert, feiert man hier gemeinsam den Sommer und dessen Ausklang. Per sagt, dass es einfach ein „wahnsinniges Besäufnis“ ist. „Du isst fast nichts, nur die Krebse, vielleicht ein wenig Salat und dann dazu der ganze Alkohol.“ Kräftskiva ist dabei kein einmaliges Event, sondern kann mehrfach zelebriert werden. Per erzählt aber, dass inzwischen die meisten Krebse gefroren aus dem Ausland kommen, weil das Fest als solches so Überhand nimmt. Klingt fast ein bisschen wie viele kleine private Oktoberfeste. Tradition, die so populär geworden ist, dass dem mit einheimischen Ressourcen nicht mehr Stand gehalten werden kann. Dennoch sind sowohl das Midsommarfest und eben auch das Kräftskiva für mich Events, denen ich gerne mal beiwohnen würde. Aber dazu muss man von einem schwedischen Freund oder Familie eingeladen werden.
Kulinarisch in den Herbst und Winter
Ist der Sommer erst mal vorbei geht es an die Jagdsaison der Elche. Per erinnert sich gut, dass sein Vater oft von der Jagd in Schweden zurück nach Deutschland mit einem Koffer voll mit Elchfleisch kam. Dann gab es auch mal die berühmten Köttbullar aus diesem Fleisch.
Was aber die meisten im Ausland lebenden Schweden verbindet und was sie am intensivsten zelebrieren ist das Weihnachtsfest. Das Julbord ist den Schweden heilig, so Per. Anders als bei uns handelt es sich bei diesem am Heiligabend stattfindenden kulinarischen Event nicht um ein klassisches Dinner oder eine Mahlzeit, sondern mehr um ein Buffet, bei dem jeder aus der Familie etwas mitbringt. Besonders bekannt ist der Weihnachtsschinken. Aber auch Graved Lax, Kartoffeln, Eier, Köttbullar, Rot- und Grünkohl sind Bestandteil dieser Tafel. Für Per ist das die „schwedische Tradition“.
Empfehlungen für schwedische Küche
Laut Per kann man für ihn unverständlicherweise, da es hier ja auch viele Skandinavier gibt, in Berlin aber nicht wirklich die nordische Küche erfahren. Das Palsta, das Su und ich nächste Woche besuchen, sei die einzig wirklich gute Anlaufstelle für die Küche aus dem Norden. Wer also schwedische Traditionen und Gerichte schlemmen will, sollte direkt nach Schweden reisen. Er empfiehlt für Klassiker das Tranan, Sturehof und Pelikan für seine berühmten Köttbullar. Wer moderne skandinavische Küche erfahren will, sollte bei Niklas Ekstedt und Magnus Nilsson vorbei schauen.
Pers persönlicher Wunsch ist übrigens mal mit Niklas eine Samifamilie im Norden Schwedens zu besuchen und deren sehr naturbezogenes Leben und die Kultur der Rentierzüchter kennenzulernen. Das wäre sicher ein wirklich spannender Ausflug.
Wir bedanken uns bei Per für die Zeit und den Einblick in die schwedische Küche.

Bildnachweise: Bild 1 / Sonni Frej, Bild 2 / Fraeuleinchen, Bild 3 / Fraeuleinchen, Bild 4 / Nicki Walsh
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