Fraeuleinchen im Gespräch mit Gaumengold

Tom und Judith von GaumengoldAm Sonntag und Montag fand mal wieder ein Dinner von Gaumengold statt. Dafür haben Tom und Judith ein wunderbares 8-Gänge-Menü gezaubert und einen super Wochenstart geliefert. Von Gaumengold hörte ich durch Freunde, die wiederum durch Freunde davon hörten. Wie das eben so ist bei Supperclubs, einer war da, schwärmt vom Abend und auf einmal wollen alle hin. So auch bei den beiden. In ihrer Kreuzberger Wohnung servieren sie auf selbst gemachtem Geschirr von Tom ein super Menü vom Feinsten.

Am schönen großen Holztisch sitzen 12 Menschen zusammen, die nur eines wollen: einen wunderbaren kulinarischen Abend mit anderen Genussfreudigen genießen. Während man aus dem Fenster direkt auf ein McDonalds blickt, steht Tom in seiner Küche und richtet eine neue Version von paniertem Hühnchen an, dass herrlich weihnachtlich winterlich nach Zimt schmeckt und auf einem Holzscheit serviert wird. Zum Brot in Pastinakenform gibt es eine Butter, wie ich sie noch nie gegessen habe. In Japan war ich noch nicht, aber so muss Japan riechen und schmecken. Mit Algen und Lauchasche aromatisierte Butter, sollte es immer vorweg geben. Aber auch die Wachholderbutter mit violettem Kartoffelstaub lässt alle Geschmackssinne Achterbahn fahren.

So ging es durch das ganze Menü: erst mal klassische Kombinationen wie Kabeljau und Gurke oder Schwein und Apfel, die dann leicht und neu interpretiert wurden. Am Ende konnte ich keinen Gang ausmachen, der alles andere überragt hätte, da jeder Gang wirklich sehr lecker und nicht mit den anderen vergleichbar war. Zum Abschluss gab es noch kleine Schokopralinen, die in einem Luftballon mit Konfetti serviert wurden und auch hier kam Judiths Lieblingszutat zum Einsatz. Ein Zimt-Marshmallow, der von weißer Schokolade ummantelt war. Davon und von den schönen handgemachten Tellern hätten auf jeden Fall welche in meine Tasche wandern können.

Wir haben die beiden im Café Gipfeltreffen getroffen und über gutes Essen und Gaumengold gesprochen.

Gaumengold
Gaumengold

Wann und warum habt ihr Gaumengold gegründet?

 Tom: Gaumengold wurde vor ungefähr 7 Jahren in Bielefed von Mitja und mir gegründet. Wir wollten leckeres und außergewöhnliches Essen zubereiten, ohne das uns „von oben“ reingequatscht wird. Also haben wir an ungewöhnlichen Orten für Freunde und Bekannte ungewöhnliche Menüs ausgerichtet. Nach einigen gemeinsamen Jahren des Kochens im In- und Ausland und einer Menge weiterer Gaumengold-Private-Dining-Events haben sich unsere Wege dann 2013 getrennt. Ich bin nach Berlin gegangen und Mitja gondelt weiter durch die Weltgeschichte. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase in Berlin und ein paar Kochstationen habe ich mich dann für die Selbstständigkeit entschieden. Und seit einem halben Jahr gibt es nun auch wieder Gaumengold quasi in Action in Berlin als so was wie Supperclub. Allerdings ohne Mitja, dafür mit Judith.

Judith: Genau. Ich hatte, bevor ich Tom kennengelernt habe, mit dieser Form von Kochen gar nicht soviel zu tun, eigentlich mit Kochen an sich auch nicht, außer dass ich leidenschaftlich gern backe. Als Tom dann vorgeschlagen hat Gaumengold in Berlin wieder aufleben zu lassen, war ich kurz skeptisch, dann allerdings ziemlich schnell Feuer und Flamme. So ein Projekt mit zu starten hat schon seinen Reiz!

Was ist das besondere an Gaumengold?

Tom: Gaumengold – Das ist für uns irgendwas zwischen Supperclub, Dinner-Event und feucht-fröhlicher Sause. Wahrscheinlich sind wir einer der neueren Zuwächse unter den Berliner Supperclubs, wobei der Begriff des Supperclubs hier schon nicht mehr ganz reicht. Vielleicht trifft es ein „Private-Dining-Event“ eher. Pie mal Daumen reichen wir um die neun Gänge auf einem selbstgebauten Tisch aus Eichenbohlen – von dem als Mittelpunkt des Spektakels aus es sich gut in die Küche linsen lässt.

Judith: Das Essen kommt auf teilweise von Tom selbst getöpfertem Geschirr, wunderschön angerichtet und stets lecker daher. Ich finde immer man merkt als Gast recht schnell, dass Tom weiß was er tut und einige inter- und nationale Sterne-Stationen hinter sich hat – Namedropping gibt es auf direkte Nachfrage unter Widerwillen. Aber zu all dem gesellen sich dann beispielsweise auch von mir selbstgenähte Wimpelketten als Tischdeko, denn ich denke immer zu ernst und bieder sollte man einen solch glückseligen Gaumen(gold)schmaus auch nicht nehmen.

Kocht ihr saisonal und regional? 

Tom: Das Gemüse beziehen wir hauptsächlich von einer Bäuerin aus der Uckermark, die wir auch im Sommer besucht haben. Das war irre, es gab hunderte Tomatensorten und noch vieles mehr zu entdecken, und mit Messer in der Hand ausgestattet, zu probieren. Und sicherlich versuchen wir so gut es geht saisonal und regional zu kochen, was im Sommer und Herbst wirklich leichter ist, aber wir haben es uns nicht als Diktat auferlegt. Es darf auch mal ein geiles US-Flank-Steak und eine Kokosnuss im Winter sein.

Unser Slogan ist „essen ist lieben“. Was bedeutet für euch essen und kochen?

Judith: Essen ist für mich kompliziert. Manchmal ist es eine Notwendigkeit und manchmal ist es Außergewöhnlich. Ich kann es nicht so gut beschreiben, was essen alles für mich bedeutet. Mal mehr, mal weniger, würde ich sagen. Und kochen, also kochen unter Toms Anleitung macht mir Spaß, aber wenn ich ehrlich bin, backe ich noch lieber und zwar allein. Backen ist für mich Entspannung, Freude und Liebe.

Tom: Also für mich bedeutet das Kochen andere Menschen glücklich und zufrieden zu machen. Das ist der Motor, der mich antreibt. Und essen ist für mich immer auch Respekt und Geselligkeit. Respekt dem gegenüber der das Essen zu bereitet und die Geselligkeit die damit einhergeht.

Wer denkt sich die Gerichte aus und wie lange steht ihr eigentlich für so einen Abend in der Küche?

Judith: Eigentlich ist Tom derjenige, welcher sich alle Gerichte ausdenkt. Aber wir sprechen zwischendurch immer wieder über die einzelnen Gerichte und das Menü. Meine mehr oder weniger unqualifizierten Kommentare und Ideen verwirren und inspirieren ihn dann aber auch.

Tom: Dem ist eigentlich nichts weiter hinzuzufügen. Oft versacken wir an der Theke unserer Lieblingsbar und gehen mit einem Bierdeckel voller Ideen nach Hause. Für einen Dinnerabend steh ich meistens zwei Tage in der Küche, Vorbereitung ist alles. Da will ja immer so einiges eingekauft, eingemacht und getrocknet werden.

Ananas und Hefe: Kartoffel-Ananas-Risotto, geräucherte Minikartoffeln, Hefecreme und Bronzefenchel.
Ananas und Hefe: Kartoffel-Ananas-Risotto, geräucherte Minikartoffeln, Hefecreme und Bronzefenchel.
Bauernfrühstück: Niedertemperatur gegartes Ei 62°C/2,5std + Kartoffelespuma + Speckmarshmallow + Speckknusper + Gewürzgurkengranite + Petersilie
Bauernfrühstück: Niedertemperatur gegartes Ei + Kartoffe-Espuma + Speckmarshmallow + Speckknusper + Gewürzgurkengranite + Petersilie
Spanferkelbauch, Apfelmus, Kalamataolivenstaub und -creme, roher Apfel mit Apfelstaub, Jus
Schwein und Apfel: Spanferkelbauch, Apfelmus, Kalamataolivenstaub und -creme, roher Apfel mit Apfelstaub, Jus
Buttermilch-Espuma, Tapiokaperlen, Hawaiian Shaved Ice, süße Kondensmilch und Tannennadelöl.
Buttermilch und Tannennadel: Buttermilch-Espuma, Tapiokaperlen, Hawaiian Shaved Ice, süße Kondensmilch und Tannennadelöl.

Und wie sieht’s mit einem eigenen Restaurant aus? Was sind eure Pläne für 2015?

Tom: Für 2015 haben wir ein Grillkonzept entwickelt, was darüber hinausgeht Würstchen und Steaks auf den Grill zu werfen. Aber da wird gerade noch so einiges geplant.  Ansonsten widme ich mich dem Supperclub und meiner Selbstständigkeit. An ein eigenes Restaurant denke ich gerade nicht.

Judith: Ich sollte endlich mal mein zweites Studium zu Ende machen. Und nebenbei grille und supperclubbe ich mit. 

Habt ihr einen Tipp für Gastgeber daheim, damit deren Dinner nicht in Stress ausartet? 

 Judith: Ja, allen direkt zur Begrüßung etwas zum Trinken in die Hand zum Dran festhalten drücken. Und selber zwischendurch ein Gläschen Weißwein trinken. Mehr als dass die Gäste halt mal warten müssen, kann doch eigentlich nicht passieren.

Tom: Genug Getränke seiner/ihrer Wahl für den Koch oder die Köchin. Und wie gesagt, Vorbereitung ist alles. Ein klassischer Spickzettel mit Reihenfolge und alle Zutaten parat zu haben hilft auch. Stress gibt es bei mir trotzdem auch mal. Öfter mal.

Süß oder Salzig? 

Judith: Süß. | Tom: Salzig.

Vorspeise oder Nachspeise?

Judith: Nachspeise. | Tom: Vorspeise.

Lieblingszutat?

Judith: Zimt. | Tom: Olivenöl.

Bier oder Wein?

Judith: Wein. | Tom: Bier.

Kaffee oder Tee?

Beide: Kaffee.

Frühstück oder Abendbrot?

Judith: Ganz spätes Frühstück. | Tom: Frühstück.

Lieben Dank für diesen Traum von Dinner und das schöne Gespräch!

Die nächste Dinnerrunde findet übrigens Anfang März statt. Aber wegen großer Nachfrage und wenigen Plätzen muss man schnell beim Reservieren sein.

Das Menü von Gaumengold
Das Menü von Gaumengold
Lachs trifft Rote Bete und Meerrettich
Lachs trifft Rote Bete und Meerrettich
Flanksteak mit weißem Bohnenpüree und Saubohnen
Flanksteak mit weißem Bohnenpüree und Saubohnen
Golden wurde es auch beim Dessert
Golden wurde es auch beim Dessert
Schokopralinen mit Konfetti
Schokopralinen mit Konfetti
Bilder 1: privat; 3 bis 6: Kristian Barthen.